Stoffentwicklung und Filmdramaturgie

Monat: Dezember 2016

Denken wie ein Künstler

Was ist Kreativität? Wie funktioniert sie? Unter welchen Bedingungen sind Menschen kreativ? Will Gompertz, langjähriger Kunstkorrespondent bei der BBC, hat ein lesenswertes Buch zu diesem Thema geschrieben.

Gompertz‘ Tätigkeit für die BBC und sein Job als Journalist haben dazu geführt, dass er vielen Künstlern, Regisseuren, Autoren und Designern aus der ganzen Welt begegnet ist und sie in ausführlichen Interviews kennengelernt hat. Im Lauf seines Berufslebens hat er festgestellt, dass es eine Handvoll klar benennbarer Eigenschaften gibt, die alle erfolgreichen Kreativen gemeinsam haben. Und dieses Wissen und seine schlauen Beobachtungen gibt er jetzt großzügig an uns weiter.

Gompertz ist auf der Suche nach Arbeits – und Denkweisen, mit denen Menschen kreative Höchstleistungen vollbringen. Gemäß seiner Überzeugung: Jeder ist kreativ (oder wie Joseph Beuys sagte: „Jeder Mensch ist ein Künstler“) geht es ihm darum, wie jeder diese Methoden anwenden kann, um sein Leben kreativer zu gestalten. Denn für Gompertz bedeutet Kreativität, sich lebendig zu fühlen, in dem man seine eigenen Ideen zum Leben erweckt.

Seiner Meinung nach können wir von den bildenden Künstlern am meisten über den kreativen Prozess lernen. Dementsprechend tief taucht er in die künstlerischen Welten und das kreative Selbstverständnis vieler berühmter Maler, Bildhauer und Video – oder Performance Künstler ein, von Michelangelo bis Bansky, von Picasso bis Luc Tuymanns.

Gleich zu Beginn räumt er mit dem Vorurteil auf, Künstler würden sich nicht für Geld interessieren, denn sie wollen überleben und mit ihrer Kunst weiter machen. Künstler denken unternehmerisch. In den folgenden Kapiteln entwickelt er an spannenden Beispielen seine Thesen weiter.

Zum Beispiel benennt er, was Künstler ausmacht: sie bitten nicht um Erlaubnis zum Malen oder Schreiben oder Schauspielen oder Singen; sie tun es einfach. Künstler wissen, dass Ideen nicht aus dem luftleeren Raum kommen. Gompertz erklärt am Beispiel von Picasso, der eine klassische Zeichnung von einem Stier durch Reduzierung zu einer Skizze entwickelt, wie jemand seinen eigenen Stil findet. Künstler sehen das große Ganze und die kleinen Details, zum Beispiel Luc Tuymanns, der seine ganze Ausstellung plant, bevor er auch nur irgendein Bild angefangen hat. Künstler sind Skeptiker, sie stellen die Dinge in Frage. Künstler machen Denkpausen: sie werden zwischendurch vom Schaffenden zum Betrachtenden.

Wer also als Autor oder Drehbuchautorin über seinen oder ihren Tellerrand gucken will, ist bei Will Gompertz genau richtig. Denn all diese Arbeits- und Denkweisen helfen, um sich weniger als „Dienstleister“ zu fühlen und mehr an seine eigenen Ideen und Stoffe zu glauben.  Eine Ermutigung sozusagen.

Will Gompertz: Denken wie ein Künstler. Wie Sie Ihr Leben kreativer machen. DuMont Buchverlag Köln, 2016.

 

Zehn Fragen an Anna Lott

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Anna Lott ist Autorin für Kindermedien, sie schreibt Kinderbücher (z.B. für dtv-junior, Carlsen, Arena), Geschichten fürs Radio, entwickelt gerade eine Animationsserie für das Kinderfernsehen und schreibt an ihrem ersten Drehbuch für einen Kinderfilm. Anna lebt mit ihrer Familie in Bremen. Mehr über Anna Lott unter: http://www.annalott.com.

Auf welchen Wegen oder Umwegen bist du zum Schreiben gekommen?

Mit den Umwegen ist es ja so eine Sache. Da denkt man lange, dass das in der Vita eine Menge Umwege sind. Und dann plötzlich wird klar: nee, das sind keine Umwege, das sind alles Wege, die mich ans Ziel gebracht haben. Schreiben wollte ich schon immer bzw. habe ich schon immer getan. Schon als Kind habe ich Unmengen von Tagebüchern vollgekritzelt.

An welchem Projekt arbeitest Du gerade?

Ich arbeite immer an mehreren Projekten gleichzeitig. Derzeit schreibe ich an einem Kinofilm für Kinder, an einer Buchserie für Mädchen ab acht Jahren und entwickle eine Erstelesereihe. Parallel dazu entwickle ich weitere Stoffe und reiche sie bei Verlagen oder Rundfunkanstalten ein, damit ich nicht arbeitslos bin, wenn die laufenden Projekte vorbei sind.

Wie sieht ein vollkommener Arbeitstag für Dich aus?

Mein realer Arbeitstag sieht oft so aus: Morgens lese ich die Zeitung, beantworte Mails, bringe Projekte voran und arbeite am laufenden Projekt weiter. Mittags koche ich etwas oder esse mit Kolleg/innen (wenn Zeit ist). Anschließend arbeite ich am laufenden Projekt weiter. Wenn meine Kinder um 16 Uhr von der Schule heimkommen, ist Familienzeit. Oft arbeite ich auch abends, wenn ich viel zu tun habe oder mich ein Projekt nicht loslässt.

Mein vollkommener Arbeitstag sieht im Grunde genauso aus. Ich bin froh, dass ich so selbstbestimmt und frei arbeiten kann.

Was wäre aus Dir geworden, wenn Du keine Autorin geworden wärst?

Wenn ich nicht als Autorin arbeiten würde, wäre ich vermutlich weiterhin Redakteurin beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber während meiner Schulzeit hatte ich häufig den Wunsch, Chirurgin zu werden (obwohl mein Abi wirklich katastrophal war). Ich frage mich jedoch, ob ich ein Medizinstudium über so viele Jahre geschafft hätte. Vermutlich hätte ich mich sehr gelangweilt. Etwas einfach nur zu lernen ohne  einen konkreten Bezug zum künftigen Beruf – puh, das wäre mir wahrscheinlich schwer gefallen. Aber, wer weiß? Wenn ich mir klare Ziele stecke, habe ich für lange Durststrecken immer eine Flasche Wasser im Gepäck.

Von wem oder durch was hast Du am meisten über das Schreiben gelernt?

Durch jahrelanges Üben, Scheitern und Weiterüben, Selbsterfahrung. Parallel dazu habe ich sehr genau beobachtet (und das tue ich noch immer): Welche Filme/ Bücher mag ich? Warum mag ich sie? Wie schaffen die jeweiligen Autoren/ Regisseure das? Welche Themen sind „meine“ Themen? Außerdem habe ich mir andere Autoren und Autorinnen ganz genau angeguckt (und das tue ich noch immer): Wie arbeiten sie? Wie gehen sie strategisch vor? Wie stellen sie sich auf dem Markt auf?

 Was tust Du außer Schreiben? Ich bewege mich viel, gehe gerne ins Kino, koche und esse mit Leidenschaft.

 Das beste Buch über das Schreiben? Stephen King: Über das Schreiben.

 Dein Lieblingsbuch? „Sieben Minuten nach Mitternacht“ von Patrick Ness und der leider verstorbenen Siobhan Dowd.

Welchen Film hast du in letzter Zeit gesehen, der dir besonders gefallen hat?

„Zoomania“ fällt mir spontan ein. In diesem Film ist in meinen Augen alles rund und das Thema „Vorurteile“ wird bis in die kleinste Szene bedient. Großartig.

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